Buddhas
Am nächsten Morgen…

Sebastian hatte ausgeschlafen, nur sein Pa schlief noch fest. Er langweilte sich... Nach einiger Zeit schlich er sich aus dem Bett und sah sich seine Geschenke noch einmal an: Ein neues Säckchen mit Murmeln, ein Holzschwert, seinen Drachen, dieser lag auf dem Boden. Dann nahm er das Buch von seinem Pa und legte es zur Seite, er dachte sich: ‚Das gebe ich heute noch Mr. Chan'. Leise legte er sich wieder nieder und beäugte den Lichtschein, der durch einen Spalt zwischen den Vorhängen schien. Ihm fiel dabei die Geschichte von gestern wieder ein. Doch er langweilte sich immer noch!

Plötzlich sprang Sebastian hoch, packte das Schwert, riss die Vorhänge auf, sprang wieder auf das Bett und wie von der Tarantel gestochen fuchtelte er mit dem Schwert vor seinem Pa herum. Mit tiefen forschen Ton sagte er laut: "Ich bin ein Samurai! Pa, wach auf! Steh auf, du Memme, komm aus dem Bett, du faule Henne!" Mr. Bauer dachte, ihn hätte ein Blitz gestreift. Er drehte sich um, sein Sohn stand breitbeinig über ihm. "Jetzt wach schon auf! Du bist mein Untertan - ich gebiete es dir!" Mr. Bauer öffnete seine Augen, er wurde aber von der Sonne so geblendet, dass er seine Hände gleich darauf legte. Er blinzelte Sebastian durch seine Finger an. "Ergebe dich! Erhebe dich." Sebastian drückte ihm das Holzschwert gegen die Brust.

"Bist du nicht ganz dicht? Was ist los mit dir?" Sein Vater konnte vor lauter Schreck gar nicht richtig denken. Stolz verkündete Sebastian: "Ich bin ein Samurai, ich habe mein Schwert dabei, und du! Steh auf! Erheb' er sich - sonst bohre ich das Schwert in dich." Sein Pa lag auf dem Rücken, er nahm seine Hand von der Stirn, öffnete langsam seine Augen und sah Sebastian ruhig an - nach längerem Schweigen kam ein langgezogenes: "Aaaahaa! Ein Samurai! Dein Schwert hast du auch dabei..." Er schloss seine Augen wieder und überlegte erst einmal. Auf diesen Überfall war er nicht vorbereitet. Sebastian drückte das Schwert wieder auf seine Brust und ungeduldig forderte er: "Was ist jetzt? Erhebe dich!" Er stemmte seine linke Hand in die Hüfte, das Schwert in der rechten stellte er neben sich - wie ein Sieger thronte er über seinem Pa. Pa blinzelte ihn mit einem Auge an. "Soso - ein Samurai, sagst du?" "Jaaaa! Erhebe dich!"

"Mmmhm." Er nickte. "Kennst du die ‚Ohne-Schwert-Methode'?" Mit einem Ruck schlug er das Schwert aus Sebastians Hand, packte ihn an den Beinen und drehte ihn um. Sebastian lag jetzt flach auf dem Bauch im Bett, so schnell konnte er nicht reagieren, hilflos ließ er alles über sich ergehen und quietschte dabei vor Vergnügen. Sein Pa schnappte sich das Kissen, drückte es auf seinen Rücken, setzte sich verkehrt auf ihn und hielt mit seinen Füssen seinen Kopf fest... und nun kitzelte er genüsslich Sebastians Füße. "Das ist die Methode, die ich meine, die ohne Schwert und ohne Eile! Und…sie dauert noch eine Weile." Sebastian konnte sich nicht befreien. Es war schrecklich. Sein Pa kitzelte ihn an seinen Füßen und hörte nicht auf. "Bitte ... bitte, ich ergebe mich." "Ach noch eine kleine Weile... wer hat hier so eine Eile?"Sebastian schrie um Hilfe: "Hilfeeee....... Hilfeeeee! HIIIILFEEEE!"

Plötzlich stürzte Mr. Chan zur Zimmertüre herein, den Rasierschaum noch im Gesicht und das Rasiermesser in der Hand. Er stand in der Unterhose und nur mit einem Handtuch um seine Schultern bekleidet da: "Was ist hier los?" Mr. Bauer sah zur Tür und ließ Sebastian los. Sebastian wälzte sich aus dem Durcheinander und setzte sich auf: "Mingala ba, Mr. Chan!" Mr. Chan sah auf das Kampfgewühl im Bett und wusste nicht, was los war. Es war sonst niemand im Zimmer. Er stand wie ein Fels in der Türe und erwartete eine Erklärung. Mr. Bauer fand immer noch keine Worte. Er sah auf Mr. Chan, und fing an, zu lachen. "Was gibt es da zu lachen?" Mr. Chan wurde in diesem Moment bewusst, dass er in Unterwäsche dastand. Er errötete, aber unter dem Rasierschaum fiel das niemand auf. Sebastian erklärte schnell: "Pa zeigte mir die ‚Ohne -Schwert-Methode'." Mr. Chan verneigte sich: "Entschuldigen Sie bitte die Störung." Er schloss die Türe.

Sie sahen sich beide an und konnten sich nun vor Lachen nicht mehr halten. Der Anblick von Mr. Chan war sehenswert gewesen. Sebastian beruhigte sich langsam. "Ob Mr. Chan jetzt sauer ist?" "Nein ... er hat sich entschuldigt und sein Gesicht nicht verloren." "Wieso hat sich Mr. Chan eigentlich entschuldigt?" "Ich habe keine Ahnung. Ich verstehe diese Asiaten auch nicht. Sie lächeln immer und sie sind nie wütend - dieses Monotone kann einem manchmal auf den Wecker gehen." "Was ist monoton?" "Nun ja, sie sind immer gleich. Ein Mensch muss doch auch einmal ausrasten!" "Warum sollte Mr. Chan denn ausrasten?" "Na, ich hätte gefragt, wenn ich da gestanden wäre: ‚Haben Sie nicht mehr alle Tassen im Schrank?' Doch er steht da, in einer schrecklich peinlichen Situation und entschuldigt sich auch noch!" "Wieso kann man denn eigentlich sein Gesicht verlieren?"

Pa schlug seine Hände über dem Kopf: "OH NEIN! Sebastian - BITTE, nicht schon wieder! Ich habe noch nicht ausgeschlafen, ich will mir erst einmal die Zähne putzen und mich waschen." Sebastian sah seinen Pa an, sprang auf und rannte zuerst ins Bad. "Beeil dich, ich muss zur Toilette!" "Ich auch…", und Sebastian lachte, weil er wieder einmal schneller war.